Konzernverantwortung: Als Unternehmer sage ich Ja.

Die Konzernverantwortungsinitiative (KVI) wird auch durch die Wirtschaft unterstützt.

(Dieser Text wurd am 04.06.20 in Der Bund  publiziert.)

Im seinem Kommentar (Der Bund, 30.05.20) argumentiert Peter Gehler gegen die KVI und suggeriert, die Initianten arbeiteten aus Eigennutz gezielt gegen die Wirtschaft. Er unterschlägt dabei wissentlich, dass gegen 200 Unternehmer/innen die KVI öffentlich unterstützen und weitere für die Anliegen der Initianten Sympathien ausdrücken, so die Lebensmittelindustrie und die Westschweizer Konzerne. Das kommt nicht von ungefähr: Die Schweizer Wirtschaft ist weltweit erfolgreich, weil sie sich auf unser Land verlassen kann. Rechtssicherheit, Meinungsfreiheit, Steuersicherheit, beste Infrastruktur und Ausbildung, verlässliche demokratische Prozesse und die Achtung der Menschenrechte haben unser Land stark gemacht. Davon profitieren wir alle.

Vor diesem Hintergrund ist die KVI zu verstehen. Es geht nicht an, dass Schweizer Konzerne die hiesigen Vorteile nutzen, um im Ausland in einer Weise tätig zu sein, die hier strikt verboten ist. Wenn mit dem Deckmantel «Schweiz» Menschenrechtsverletzungen begangen und üble ökologische Schäden verursacht werden, schlägt das auf uns zurück. Als Bürger und Unternehmer bin ich nicht bereit, zuzuschauen, wie unsere Werte und Errungenschaften zulasten von Menschen anderer Länder missbraucht werden. Deshalb setze ich mich für die KVI ein.

Das alles blendet Peter Gehler aus. Für ihn ist die KVI ein Instrument der Kolonialisierung. Dabei müsste er wissen, dass dies nicht stimmt: Mit der KVI wird an Schweizer Gerichten Schweizer Recht auf Schweizer Unternehmen angewandt. Die Initiative erlaubt es den Betroffenen, gegen Menschenrechtsverletzungen und massive ökologische Schäden, die von Schweizer Konzernen begangen werden, in der Schweiz vorzugehen. Kolonialistisch wäre es, den Geschädigten den Zugang zum Recht zu verwehren.

Weiter malt Gehler das Gespenst einer Klagewelle an die Wand und zeigt damit, dass er die Initiative nicht verstanden hat. Denn ein Geschädigter muss zuerst beweisen, dass die Tochterfirma des Schweizer Konzerns ihm einen Schaden zugefügt hat. Und selbst wenn dies der Geschädigte beweisen konnte, kann sich der Schweizer Konzern immer noch per Entlastungsbeweis aus der Haftung befreien, wenn er zeigen kann, dass die Konzernzentrale die notwendige Sorgfalt walten liess. Was heute mit der Schweizer Geschäftsherrenhaftung seit Jahrzehnten ein anerkanntes Instrument ist, soll sich mit der KVI auch auf Menschenrechte und Umweltstandards beziehen. Die Haftung erstreckt sich auf Tochtergesellschaften der Konzerne, aber nicht auf deren Lieferanten.

In Krisenzeiten wie der aktuellen wird deutlich, dass Wirtschaft und Gesellschaft nicht getrennt voneinander funktionieren. Die gegenseitige Akzeptanz zeigt sich darin, wie sich die Wirtschaft in drängenden gesellschaftspolitischen Fragen positioniert. Mit ihrer radikalen Ablehnung gegen verbindliche Regeln im Bereich Menschenrechte und Umweltstandards setzen einige Wirtschaftsverbände, namentlich Economiesuisse, diese Akzeptanz aufs Spiel. Was wollen sie verstecken? Sie werden nicht müde zu beteuern, wie sehr sich Schweizer Grosskonzerne bereits heute freiwillig an die Regeln halten. Dies will ich nicht in Abrede stellen: Das Gros der Schweizer Wirtschaft handelt verantwortungsvoll und hat durch die KVI auch nichts zu befürchten. Doch nicht alle handeln verantwortungsbewusst. Angesichts der schweren Leiden von Kindern in Peru, die mit Schwermetallen vergiftet sind, oder der Menschen im Tschad, die aufgrund von Chemikalien im Wasser grobe Hautverletzungen aufweisen, reichen Absichten allein nicht.

Für Konzerne, die im Ausland Menschenrechte oder einen minimalen Umweltschutz missachten, braucht es verbindliche Regeln, wie sie auch international angestrebt werden. Derweil verneint Peter Gehler die Notwendigkeit, Konzerne in die Pflicht zu nehmen. Er benutzt dabei dieselben Argumente, wie sie bereits gegen die Lockerung des Bankengeheimnisses oder gegen ein griffiges Geldwäschereigesetz vorgetragen wurden. Wir sollten inzwischen klüger sein.

Weiterführende Links:

https://konzern-initiative.ch

https://www.tagesanzeiger.ch/sonntagszeitung/glencoreoelfeld-fuehrt-zu-grossem-leid-im-tschad/story/27816530

Über pstaempfli

Unternehmer mit besonderem Interesse für Unternehmenskultur und Unternehmens- und Verbandskommunikation. Mitinhaber von Stämpfli Gruppe Bern: Auch bei Fokus Bern zu finden:
Dieser Beitrag wurde unter Gesellschaft und Staat, International, Politik, Verantwortung, Volksinitiativen und Referenden, Werte, Wirtschaft abgelegt und mit , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s