Mobiliät verwischt Grenzen

Der Ausbau der Mobilität bringt uns enorme Vorteile. Der öV wird schneller und bequemer. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Die Nachteile werden nicht konsequent angegangen. Dabei schlummern in neuen Lösungen Chancen, die der Hauptstadtregion Bern besonders helfen könnten.

Die historischen Räume und Grenzen lösen sich auf. Als sie noch zu Fuss von Bern nach Zürich gehen mussten, durchwanderten unsere Vorfahren geografische Räume: das Oberaargau, das Gäu, das Aargau und das Limmattal. Wen kümmert das heute noch auf der Fahrt mit dem Auto oder dem IC? Stauärger, Lesen und Arbeiten lenken von der Landschaft entlang der Strecke ab, die Tausende täglich abfahren. Die geografischen Räume interessieren höchstens noch diejenigen, die in ihnen wohnen; Zeit- und funktionale Räume sind wichtiger geworden. Pendlerstrecken von einer Stunde Dauer sind keine Seltenheit, wenn auch die Mehrheit innert 20 Minuten an den Arbeitsplatz gelangt. Mit Bern als Zentrum ergibt eine Pendlerstunde einen Raum, der sich über Langenthal, Zofingen, Olten, Solothurn, Biel, Neuenburg, Freiburg und Interlaken erstreckt. Doch, und das muss uns zu denken geben, auch das Pendeln von Bümpliz zu uns in den Osten Berns dauert mit dem öV um dreiviertel Stunden. Viele der 60‘000 Freiburger, die täglich in die Agglomeration Bern zur Arbeit reisen, sind kürzer unterwegs als Berner innerhalb der Stadtgrenzen. Dank der vereinfachten Mobilität können die Pendler die teilweise tieferen Lebenshaltungskosten und Steuersätze in den Nachbarkantonen nutzen, ohne auf ihren Arbeitsplatz in unserem Kanton verzichten zu müssen, was dem Kanton Bern erhebliche Steuerausfälle bringt.

Bern wird es nicht möglich sein, diese Problematik ohne die Nachbarkantone zu lösen. Die Politik muss sich eingestehen, dass die natürlichen Grenzen durch das Verhalten der Bürgerinnen und Bürger ignoriert wird, dass geografische Räume zusammenwachsen, wie die Agglomerationen Bern und Freiburg. Der neu entstehende funktionale Raum ist entsprechend zu planen: Eine gemeinsame Raumordnung und Verkehrsplanung und eine Harmonisierung von Steuern und Schulwesen wird notwendig.

Die Hauptstadtregion Schweiz mit Bern im Zentrum erhält vor diesem Hintergrund eine erweiterte Bedeutung, die als Chance genutzt werden kann. Sie ist ein geeignetes Gefäss, die Planung der funktionalen Räume anzugehen und schrittweise Lösungen zu erarbeiten. Gelingt dies, wird die Hauptstadtregion den Metropolitanregionen Basel, Zürich und Genf eine Nasenlänge voraus sein. Dem Berner Regierungsrat kommt hier die Verantwortung zu, als treibende Kraft zu wirken. Gerade aus wirtschaftlicher Sicht ist es wünschenswert, dass er sie wahrnimmt.

Erschienen in ‹Die Marginalie›, Hauszeitschrift der Stämpfli Gruppe Bern, Nr. 1/2017.
http://www.staempfli.com/fileadmin/redaktion/Marginalie/Marginalie_1_17.pdf

Über pstaempfli

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