Roger Köppel schreibt im Editorial der Weltwoche (Link ganz unten) unter dem mehrdeutigen Titel „Das deutsche Verhängnis. Ja zur Durchsetzungsinitiative.“ über die Biografie von Leonard Mosley über Hermann Göring sowie über die Durchsetzungsinitiative. Köppel setzt diese beiden Themen, die vordergründig nichts miteinander zu tun haben, an eine prominente Stelle der Weltwoche. Man fragt sich, weshalb er das tut.
Mit dem Titel suggeriert er: Das Verhängnis der Deutschen liegt zurzeit in der falschen Ausländerpolitik, daher ja zur Durchsetzungsinitiative, auf dass die Schweiz nicht im „gleichen Sumpf“ lande. Im Text bezieht er das deutsche Verhängnis dann aber auf die Nazi-Zeit. Dabei schreibt Köppel Göring zwar nicht schön, aber auf Distanz geht er nicht. Köppel bedient sich dabei eines bewährten Tricks: Er lässt zwischen den Zeilen stehen, was er selber wirklich denkt, und ob Göring, eigentlich ein humanistisch denkender Mensch, Hitler nicht doch auf den Leim gekrochen ist; so wie angeblich das deutsche Volk.
Köppel interpretiert Mosley:
„Die für mich erstaunlichste Erkenntnis ist die Vermutung, dass der Zweite Weltkrieg von Hitlers Clique gar nicht bewusst begonnen, sondern gleichsam hasardierend und planlos in Kauf genommen wurde. Nicht nur die Deutschen waren einem Blender auf den Leim gekrochen. Man darf den Faktor Unfähigkeit in der Politik nie unterschätzen.“
Dabei lässt Köppel stehen, was längst erforscht und belegt ist: Das Volk ist Hitler nicht einfach „auf den Leim gekrochen“, sondern es hat bewusst und aktiv die Nationalsozialisten unterstützt. Nicht nur das Regime, sondern die grosse Mehrheit im Volk war nationalsozialistisch. Es ist heute bekannt und belegt, dass die Kriege bewusst gesucht wurden, ganz besonders der Russlandfeldzug. Es gab diese Unfähigkeit, dieses Hasardieren, diese Banalität im Denken und Sein. Aber im Handeln waren die Nazi gnadenlos, präzise und zielgerichtet. Es gab Mahner, doch keiner im engen Kreis distanzierte sich. Und die „Clique“ hat erwiesenermassen die Feldzüge, die Konzentrationslager, die Judenvernichtung und die Schlächtereien in den besetzten Gebieten mitgetragen, gefördert, organisiert und durchgeführt. Die meisten waren Hitlers Getreue der ersten Stunde. Sie haben den Leim geschmiert und sind nicht auf ihn gekrochen.
Köppel lässt Leonard Mosley sprechen:
„Von den Verbrechen seines Regimes wollte er nichts gewusst haben. Görings Schuld, bilanziert Mosley, sei seine moralische Feigheit gewesen, die den intelligenten und einst bewunderten Mann daran gehindert habe, gegen Hitler aufzustehen.“
Köppel nimmt dazu nicht Stellung. Das kann bei einem klugen und differenziert Denkenden, wie Köppel beschrieben wird, nur bewusst geschehen seine. Er verwässert damit die Verantwortung, die Göring getragen hat.
Moralische Feigheit? Vielmehr war Göring Nutzniesser des Regimes und stets im engsten Kreis derjenigen, die alles geplant und umgesetzt haben. Er trug die Verantwortung für die Formierung der Gestapo und die Gründung der ersten Konzentrationslager, und erteilte 1941 den Befehl zur Organisation der „Gesamtlösung der Judenfrage“. Er war ein Parteimitglied der ersten Stunde und blieb seiner Gesinnung treu, bis er sich durch Selbstmord seinem Todesurteil in Nürnberg entzog.
Ein Hermann Göring lässt sich in Anbetracht der Ungeheuerlichkeit seiner Taten nicht auf einer halben Seite und aus heiterem Himmel darstellen – oder dann nur in Absicht eines ganz bestimmten Zwecks, der mit Göring nichts zu tun hat.
Gerade deshalb sticht ein weiterer Satz heraus:
“ … niemand kann sicher sein, dass nicht auch er mit den vermeintlich besten Absichten in der grössten Katastrophe endet.“
Er nimmt Bezug auf Göring: Der hatte „beste Absichten“, ist aber trotzdem in der Katastrophe gelandet. Wie es Angela Merkel aus der Sicht von Köppel ergehen könnte? Ist es das, was er uns suggerieren will?
Nach drei Sternchen kommt Köppel dann auf die DSI zu sprechen. Er versucht die beiden Texte grafisch auseinander zu halten. Niemand soll ihm vorwerfen, er vermische die Themen. Doch er tut genau dies mit dem vielsagenden Titel „Das deutsche Verhängnis. Ja zur Durchsetzungsinitiative.“, der als bündige Klammer wirkt.
Mit seinen Ausführungen zur DSI will Köppel uns klar machen, diese Initiative sei ergriffen worden, um die Ausschaffungsinitiative (AI) durchzusetzen. Das ist falsch, denn die SVP hat die DSI formuliert und lanciert, bevor überhaupt über die AI abgestimmt wurde. Zudem geht die DSI massiv weiter als die AI. Sie nennt wesentlich mehr Straftaten, unter anderem auch leichte. Aus einer Initiative gegen Schwerverbrecher (AI) wurde eine Initiative, die alle Ausländer betrifft. Für eine Ausschaffung spielt das Strafmass keine Rolle mehr. Mord oder Sozialmissbrauch? Bedeutungslos, ausgeschafft muss in beiden Fällen werden. Die Richter haben in dieser Frage keinen Ermessensspielraum mehr. Das widerspricht der Bundesverfassung (Art. 5).
Die oben zitierte „Unfähigkeit in der Politik“ nimmt im Kontext des Editorials direkten Bezug zum heutigen Deutschland und auf die Durchsetzungsinitiative. Köppels Botschaft ist klar: Nehmt die DSI an, denn Bundesbern getraut sich nicht hart durchzugreifen, Zustände wie im Nachbarland drohen auch uns. Dabei unterschlägt er, dass die DSI eine Gewalttat so wenig verhindern kann, wie eine Versicherung einen Unfall.
Köppel mahnt seine Getreuen: Die Politik in Bern ist unfähig, daher muss das Volk eingreifen – und der Partei folgen.
Ich mahne: Wehret den Anfängen. Der Propagandastil von Roger Köppel muss uns warnen.
So wie gewissenhafte Politik entstehen soll. Mit einem Anspruch auf relative Objektivität und sich nicht durch einfache populistische Aussagen fangen lassen. Ich bin stolz darauf, dass wir solche Unternehmer wie „Stämpflis“ haben. Danke fürs einbringen und die aufbauende Vernunft.
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Danke!
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